Symposium Kuratorische Wendepunkte
Datum: 26.–28.07.2024
Standorte: Museum der Moderne Salzburg und Salzburger Kunstverein
Das Symposium Curatorial Tipping Points taucht im Sommer 2024 zwei Tage lang im Museum der Moderne Salzburg und im Salzburger Kunstverein in das sich entwickelnde Feld der kuratorischen Praktiken ein – und damit in ein Feld, in dem sich Grenzen nicht nur verschieben, sondern oft völlig neu erdacht werden.
„Kuratorische Wendepunkte“ greift die Metapher der Kipppunkte aus der Klimaforschung auf, die den Kipppunkt als jene Schwelle definiert, die, wenn überschritten, zu signifikanten und oft irreversiblen Veränderungen führt. Im Kontext des Kuratierens bezieht sich ein solcher Wendepunkt auf einen kritischen Moment oder ein Ereignis innerhalb des kuratorischen Prozesses, wodurch die Wahrnehmung oder das Verständnis eines Kunst- oder Ausstellungsprojekts oder des Kunstdiskurses signifikant beeinflusst wird. Das können Entscheidungen, Handlungen oder Ereignisse sein, die, einmal getroffen oder geschehen, den Verlauf eines künstlerischen oder kuratorischen Unterfangens grundlegend verändern und potenziell zu unerwarteten, innovativen oder transformativen Ergebnissen führen.
Im Zentrum des Symposiums stehen Diskussionen, die das Verständnis des Kuratierens in unserer gespaltenen Gegenwart herausfordern und analysieren. Jedes Panel hat einen eigenständigen Fokus und Ansatz, teilt aber die Überzeugung, dass kuratorische Praxis keine statische Kategorie, sondern ein dynamischer Prozess ist, der mit verschiedenen Aspekten in Gesellschaft und Kultur interagiert und Auswirkungen auf diese hat.
Unterstützt von Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) und Phileas – The Austrian Office for Contemporary Art
Ein Projekt von AAC Austrian Association of Curators mit einem Beitrag der European Kunsthalle. Veranstaltet von AAC gemeinsam mit Salzburger Kunstverein und MdMS Salzburg.
Programmübersicht
Freitag, 26.07, 2024
Anreise
ab 19:00
Tipping Points: An Open Mic Spiel & Get-together
im Appendix, Salzburger Kunstverein
Dieses Open Mic Spiel fördert Dialog auf unkonventionelle und lebendige Weise.
„Tipping Points: Ein kuratorisches Polylog“ ist strukturiert durch eine Serie von vorgegebenen Herausforderungen, bei denen die Teilnehmer:innen eingeladen sind, eine kritische oder transformative Idee – einen 'Wendepunkt' – im Bereich des Kuratierens vorzustellen. Die Kurator:innen werden aufgefordert, das Mikrofon zu ergreifen und eine Idee, ein Anliegen oder eine Perspektive zu präsentieren, die auf die vom Moderator vorgebrachten Herausforderungen eingeht.
Samstag, 27.07, 2024
im Museum der Moderne
Am Mönchsberg 32 5020 Salzburg
11:00–12:00
Alle reden über das Wetter. Nachhaltigkeit kuratieren und nachhaltig ausstellen
Mit: Bettina Leidl (Direktorin MuseumsQuartier), Harald Krejci (Direktor MdMS Salzburg), Sebastian Cichocki (Chef-Kurator, Museum für Moderne Kunst in Warschau)
Moderiert von: Hana Ostan-Ožbolt-Haas (AAC & Freie Kuratorin)
Die Verflechtung von Kunst und Ökologie reicht bis in die frühen 1970er Jahre zurück, als Künstler begannen, sich mit Umweltfragen auseinanderzusetzen. Trotz zahlreicher Ausstellungen und Forschungsprojekte, die sich mit der Klimakrise beschäftigen, besteht die Sorge, dass diese Bemühungen lediglich als "Greenwashing" für wirtschaftlichen Gewinn dienen könnten.
Dieses Panel wird untersuchen, wie künstlerische und kuratorische Praktiken die neo-liberale-Öko-Regierungshaltung herausfordern, der Kommerzialisierung und Objektifizierung der Natur entgegentreten und Nachhaltigkeit ausstellen, während sie nachhaltig arbeiten. Ausstellungen, die sich der Nachhaltigkeit widmen, stehen vor inhärenten Widersprüchen, da sie durch ihren CO2-Fußabdruck beim Transport von Kunstwerken, bei Forschungsreisen und der Unterhaltung von Ausstellungsräumen zur globalen Erwärmung beitragen.
Während einige argumentieren, dass Öko-Kunstausstellungen aus ökologischer Sicht nicht tragbar sind, sind solche Ansichten zynisch und unrealistisch. Stattdessen besteht die Notwendigkeit einer klaren Formulierung von Nachhaltigkeit, die soziale und ökologische Gerechtigkeit gleichermaßen priorisiert und Nachhaltigkeit in politische Ökologie (wie von E. Swynegdouw vorgeschlagen) verwandelt. Angesichts der Anforderungen und des Drucks auf kulturelle Institutionen ist es zudem wichtig, die grundlegende Frage nach der Rolle der Kunst in der Gesellschaft erneut zu stellen: Warum sollte Kunst im Rahmen von Ausstellungen auf die Klimakrise reagieren?
12:00–13:00
Das Live-Panel
Mit: Frederike Sperling (Künstlerische Leitung, Kunstraum Niederösterreich), Thomas Conchou (Künstlerische Leitung, Centre d'art contemporain de la Ferme du Buisson), Gábor Thury (Kurator, steirischer herbst), Marijana Schneider (Kuratorin, MdMS Salzburg)
Moderiert von: Freda Fiala (AAC & Freie Kuratorin, Performance-Forscherin)
Das Live-Panel formuliert sich an einem praxeologischen Wendepunkt. Die Verschmelzung von bildender und darstellender Kunst im Namen der Performance hat die institutionellen Infrastrukturen, die Produktionsweisen und ihr Publikum erfasst. Ihre Liveness hat sich von den Rändern her ausgebreitet und provoziert weiterhin die Aufnahme von Performance in kuratierte Rahmenbedingungen. Die Erfahrung von Museums- und Ausstellungsräumen oder sogar ortsspezifischen Situationen durch Performance befragt dabei die Wege und mögliche Veränderbarkeit institutioneller Dynamiken.
In unserer vernetzten Gegenwart erforscht das Panel, wie Kurator:innen performative Aktionsräume für intersektionale soziale Verantwortung und vielfältige Sprecher:innenpositionen schaffen können. Die Diskussion bringt dazu Positionen unterschiedlicher professioneller Hintergründe und Praktiken zusammen, die sowohl im Kontext von White Cube, als auch Black Box arbeiten und ihre Erfahrungen im Kuratieren und Programmieren von Performance in Beziehung setzen.
13:00–14:30
Lunch M32 im Museum der Moderne
Im Anschluss Performance von Esben Weile Kjær (Programm MdMS Salzburg)
15:15–16:15
Vermittlung kuratieren
Mit: Jürgen Tabor, Anna-Sophie Ofner und Tina Teufel (Kurator:innen, MdMS Salzburg)
Moderiert von: Andrea Popelka (AAC & Kunsthalle Wien)
In German language.
In einer Zeit, in der sich Museen nicht nur als wissensbewahrende, sondern auch als dynamische Orte des Austauschs und der Bildung verstehen, stellt die gleichberechtigte Integration von Vermittlungs- und kuratorischen Agenden eine zentrale Aufgabe dar. Die Kunstvermittlung bildet bereits seit der Eröffnung des Hauses als Moderne Galerie und Graphische Sammlung – Rupertinum im Jahr 1983 einen festen Bestandteil des Museum der Moderne Salzburg. Das Museum übernahm mit der institutionellen Etablierung der ersten, damals als Museumspädagogin bezeichneten, fix angestellten Kunstvermittlerin Österreichs eine Vorreiterrolle. Vielfältige Möglichkeiten des Zugangs zu moderner und zeitgenössischer Kunst stehen im Fokus der vernetzten Vermittlungsarbeit und des Vermittelns als kuratorischer Praxis, die in zahlreichen Begleitprogrammen, Projekten, Kooperationen oder medialen Angeboten vor Ort sowie im Outreach umgesetzt werden. Dabei begegnen sich Vermittlung und Kuration in kritischen und transformativen Prozessen der institutionellen Selbstbefragung, des Ver- und Neulernens, im Umgang mit Wissen und Macht sowie den eigenen Haltungen und Leerstellen.
Das Panel stellt das Museum und dessen Ausstellungen als gesellschaftlichen Raum in den Fokus. Es widmet sich der Frage, wie sich das Museum verändert, wenn die Agenden der Vermittlung und des Kuratorischen gleichwertig Raum greifen und wie eine zunehmend besucher:innenorientierte Vermittlung die Praxis beeinflusst hat. Besprochen werden Best Practice Beispiele zu aktuellen Themen wie Dekolonisierung, Aktivismus (als künstlerische Praxis) und Diversität. Es werden Strategien und Angebote diskutiert, mit denen Kurator:innen und Kunstvermittler:innen die traditionellen Trennlinien ihrer Abteilungen hinterfragen und aufbrechen und sich Aktions- und Möglichkeitsräume für ein partizipatives Miteinander und Vielstimmigkeit öffnen und welche Rolle dabei strukturelle Bedingungen – von Anstellungsverhältnissen bis hin zu Entlohnung und dem traditionellen Machtgefälle – spielen, um eine wirklich integrative Museumsarbeit zu fördern.
16:15–17:45
Collecting, Decollecting, Recollecting
Mit: Alfred Weidinger (CEO, Oberösterreichische Landes-Kultur GmbH), Lolita Jablonskienė (Direktorin, Nationalgalerie Vilnius), Harald Krejci (Direktor, MdMS Salzburg)
Moderiert von: Mirela Baciak (AAC & Salzburger Kunstverein)
Während wir uns durch eine Ära schneller kultureller Veränderungen bewegen, wie sollen Institutionen den Erwerb neuer Werke angehen? Welche Strategien können implementiert werden, um Sammlungen neu zu überdenken, die möglicherweise nicht mehr mit zeitgenössischen Werten oder Narrativen übereinstimmen?
Diese Podiumsdiskussion wird sich mit den sich entwickelnden Praktiken des Sammelns, Wieder-Sammelns und Ent-Sammelns in Museen beschäftigen, mit einem besonderen Fokus auf die Neubewertung des Kanons, Nachhaltigkeit im Sammlungsmanagement und die Rolle der Zusammenarbeit in der Museumslandschaft.
Da Museen weiterhin als Hüter des kulturellen Erbes dienen, bleibt die Frage, was den Kanon ausmacht, zentral. Wie überdenken Museen heute ihre Sammlungsstrategien, um die traditionellen Kanons herauszufordern und zu erweitern? Welche neuen Kriterien werden verwendet, um eine inklusivere und vielfältigere Repräsentation innerhalb ihrer Sammlungen zu gewährleisten?
Neben dem Überdenken des Kanons stehen Museen vor erheblichen Herausforderungen in Bezug auf die Nachhaltigkeit ihrer Sammlungen. Mit dem Wachstum der Sammlungen werden Fragen der Lagerung, Erhaltung und Ausstellung zunehmend komplex. Wie balancieren Institutionen die Notwendigkeit, eine Vielzahl von Artefakten zu bewahren und zu erhalten, mit den praktischen Einschränkungen des physischen Raums und der finanziellen Ressourcen? Das Konzept des „Ent-Sammelns“ tritt in diesem Kontext als wichtige Praxis hervor. Wir werden die verschiedenen Faktoren diskutieren, die Entscheidungen zum Ent-Sammeln beeinflussen, einschließlich ethischer Überlegungen, der Auswirkungen auf historische Narrative und der Praktikabilität des Managements einer nachhaltigen Sammlung.
Dieses Panel bringt Museumsfachleute und Experten zusammen, um diese dringenden Fragen zu erörtern und Einblicke in die strategischen, ethischen und operativen Herausforderungen moderner Sammelpraktiken zu bieten.
19:30
Vorschlag, Grundriss, Installation, Eröffnung
Performance-Dinner im Salzburger Kunstverein
Von Tomek Pawłowski-Jarmołajew
Sonntag, 28.07, 2024
Workshops im Salzburger Kunstverein
Hellbrunner Str. 3, 5020 Salzburg
11:00–13:00
Rethinking Institutions (Again)
Workshop mit: Rike Frank and Vanessa Joan Müller (European Kunsthalle)
Wie kuratorische Debatten der letzten zehn Jahre gezeigt haben, herrscht eine zunehmende Diskrepanz zwischen der Programmatik vieler Institutionen und deren „Instituting“. Wir sind an einem Austausch über Modelle interessiert, die sich dieser Problematik annehmen. Dieser Workshop geht von der Praxis der European Kunsthalle als einer Institution aus, die auf der Idee der Kunsthalle als kontingenter institutioneller Typologie basiert – situativ, temporär und offen, ohne sich an einem definierten Ort zu manifestieren. In ihrer spezifischen Form als Institution ohne eigenen physischen Ort ist die European Kunsthalle stets mit anderen verbunden und findet in unterschiedlichen Figurationen statt.
Anmeldung wird erbeten bis 19. Juli 2024: europeankunsthalle@gmail.com
Lunch
14:00–16:00
Migratorische Ästhetik und Gegenöffentlichkeiten
Workshop mit: Elisa R. Linn (Künstlerische Leitung, Halle für Kunst Lüneburg)
Moderiert von: Andrea Popelka (Kuratorin, Kunsthalle Wien & AAC)
Der Workshop befasst sich mit ästhetischen Praktiken in Relation zu Gegenöffentlichkeiten und Räumen der Repräsentation. Er bewegt sich zwischen kritischer und kuratorischer Theorie und dem Ausstellungsmachen. Indem er Ausstellungen ortsspezifisch, nicht statisch und außerhalb des White Cube im alltäglichen öffentlichen Raum denkt, werden Schwellenräume von Repräsentationsparadigmen und räumlichen Hierarchien untersucht.
Der Workshop stützt sich auf Linns theoretische, künstlerische und kuratorische Forschung über marginalisierte Ästhetiken von Queer-, Punk- und Gast-/Vertragsarbeiter:innen-Gemeinschaften auf beiden Seiten der Berliner Mauer während der AIDS-Krise und inmitten des Kalten Krieges. Diese Recherche widmet sich ästhetischen Praktiken und ihrer Präsentation im und außerhalb des öffentlichen Raums und wie diese Architekturen staatlicher Repräsentation und institutioneller Subjektivierung entgegen der kategorisierenden Logik von Identität herausforderten.
Durch die Beschäftigung mit verschiedenen Archivmaterialien aus Linns Forschung werden die Workshop-Teilnehmer:innen nachzeichnen, wie Körper von einer Identität, einem Geschlecht und einem Ort zum anderen migrieren. Im Gegensatz zu einem ethno-nationalistischen Verständnis von Migration wird die Grenze hier als diasporischer Ort der Artikulation betrachtet, in dem theoretisch-ästhetische Perspektiven herangezogen werden, die mit der hegemonialen Rede über Migration als Ausnahmezustand, Entfremdung oder Bedrohung brechen. Stattdessen wird die Frage erörtert, inwieweit die Grenze und ihre Liminalität rekontextualisiert, demobilisiert und (wieder) angeeignet werden können – jenseits von territorialem, kategorialem oder essentialistischem Denken, um den Rahmen des modernen Nationalstaates zu überschreiten.
16:00–18:00
Kuratorische Praktiken und radikale Allianzen: Gemeinwesen hin zu transnationaler Solidarität
Workshop mit: Théo-Mario Coppola (Kurator und Kunstschriftsteller)
In einem Kontext von weitverbreitetem Ausschluss und Gewalt bietet der Begriff des Gemeinwesens die Möglichkeit, ästhetische und soziale Verbindungen jenseits vorgegebener, auferlegter oder umstrittener Grenzen zu schaffen und kann zu größerer Solidarität innerhalb der Kunstwelt und zeitgenössischen Gesellschaften führen. Indem er die Prinzipien des Gemeinwesens anwendet, versucht der Kurator und Kunstschriftsteller Théo-Mario Coppola, fortschrittliches Wissen und Werte zu bündeln und zu verknüpfen, um vielfältige kuratorische Praktiken und deren radikale Allianzen zu diskutieren und zu fördern.
Bitte registrieren Sie sich unter office@curators.at und geben Sie an, an welchen Teilen des Programms Sie teilnehmen möchten.
Symposium Kuratorische Wendepunkte
Datum: 26.–28.07.2024
Standorte: Museum der Moderne Salzburg und Salzburger Kunstverein
Das Symposium Curatorial Tipping Points taucht im Sommer 2024 zwei Tage lang im Museum der Moderne Salzburg und im Salzburger Kunstverein in das sich entwickelnde Feld der kuratorischen Praktiken ein – und damit in ein Feld, in dem sich Grenzen nicht nur verschieben, sondern oft völlig neu erdacht werden.
„Kuratorische Wendepunkte“ greift die Metapher der Kipppunkte aus der Klimaforschung auf, die den Kipppunkt als jene Schwelle definiert, die, wenn überschritten, zu signifikanten und oft irreversiblen Veränderungen führt. Im Kontext des Kuratierens bezieht sich ein solcher Wendepunkt auf einen kritischen Moment oder ein Ereignis innerhalb des kuratorischen Prozesses, wodurch die Wahrnehmung oder das Verständnis eines Kunst- oder Ausstellungsprojekts oder des Kunstdiskurses signifikant beeinflusst wird. Das können Entscheidungen, Handlungen oder Ereignisse sein, die, einmal getroffen oder geschehen, den Verlauf eines künstlerischen oder kuratorischen Unterfangens grundlegend verändern und potenziell zu unerwarteten, innovativen oder transformativen Ergebnissen führen.
Im Zentrum des Symposiums stehen Diskussionen, die das Verständnis des Kuratierens in unserer gespaltenen Gegenwart herausfordern und analysieren. Jedes Panel hat einen eigenständigen Fokus und Ansatz, teilt aber die Überzeugung, dass kuratorische Praxis keine statische Kategorie, sondern ein dynamischer Prozess ist, der mit verschiedenen Aspekten in Gesellschaft und Kultur interagiert und Auswirkungen auf diese hat.
Unterstützt von Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) und Phileas – The Austrian Office for Contemporary Art
Ein Projekt von AAC Austrian Association of Curators mit einem Beitrag der European Kunsthalle. Veranstaltet von AAC gemeinsam mit Salzburger Kunstverein und MdMS Salzburg.
Programmübersicht
Freitag, 26.07, 2024
Anreise
ab 19:00
Tipping Points: An Open Mic Spiel & Get-together
im Appendix, Salzburger Kunstverein
Dieses Open Mic Spiel fördert Dialog auf unkonventionelle und lebendige Weise.
„Tipping Points: Ein kuratorisches Polylog“ ist strukturiert durch eine Serie von vorgegebenen Herausforderungen, bei denen die Teilnehmer:innen eingeladen sind, eine kritische oder transformative Idee – einen 'Wendepunkt' – im Bereich des Kuratierens vorzustellen. Die Kurator:innen werden aufgefordert, das Mikrofon zu ergreifen und eine Idee, ein Anliegen oder eine Perspektive zu präsentieren, die auf die vom Moderator vorgebrachten Herausforderungen eingeht.
Samstag, 27.07, 2024
im Museum der Moderne
Am Mönchsberg 32 5020 Salzburg
11:00–12:00
Alle reden über das Wetter. Nachhaltigkeit kuratieren und nachhaltig ausstellen
Mit: Bettina Leidl (Direktorin MuseumsQuartier), Harald Krejci (Direktor Museum der Moderne), Sebastian Cichocki (Chef-Kurator, Museum für Moderne Kunst in Warschau)
Moderiert von: Hana Ostan Ožbolt (AAC & Freie Kuratorin)
Die Verflechtung von Kunst und Ökologie reicht bis in die frühen 1970er Jahre zurück, als Künstler begannen, sich mit Umweltfragen auseinanderzusetzen. Trotz zahlreicher Ausstellungen und Forschungsprojekte, die sich mit der Klimakrise beschäftigen, besteht die Sorge, dass diese Bemühungen lediglich als "Greenwashing" für wirtschaftlichen Gewinn dienen könnten.
Dieses Panel wird untersuchen, wie künstlerische und kuratorische Praktiken die neo-liberale-Öko-Regierungshaltung herausfordern, der Kommerzialisierung und Objektifizierung der Natur entgegentreten und Nachhaltigkeit ausstellen, während sie nachhaltig arbeiten. Ausstellungen, die sich der Nachhaltigkeit widmen, stehen vor inhärenten Widersprüchen, da sie durch ihren CO2-Fußabdruck beim Transport von Kunstwerken, bei Forschungsreisen und der Unterhaltung von Ausstellungsräumen zur globalen Erwärmung beitragen.
Während einige argumentieren, dass Öko-Kunstausstellungen aus ökologischer Sicht nicht tragbar sind, sind solche Ansichten zynisch und unrealistisch. Stattdessen besteht die Notwendigkeit einer klaren Formulierung von Nachhaltigkeit, die soziale und ökologische Gerechtigkeit gleichermaßen priorisiert und Nachhaltigkeit in politische Ökologie (wie von E. Swynegdouw vorgeschlagen) verwandelt. Angesichts der Anforderungen und des Drucks auf kulturelle Institutionen ist es zudem wichtig, die grundlegende Frage nach der Rolle der Kunst in der Gesellschaft erneut zu stellen: Warum sollte Kunst im Rahmen von Ausstellungen auf die Klimakrise reagieren?
12:00–13:00
Das Live-Panel
Mit: Frederike Sperling (Künstlerische Leitung, Kunstraum Niederösterreich), Thomas Conchou (Künstlerische Leitung, Centre d'art contemporain de la Ferme du Buisson), Gábor Thury (Kurator, steirischer herbst), Marijana Schneider (Kuratorin, Museum der Moderne)
Moderiert von: Freda Fiala (AAC & Freie Kuratorin, Performance-Forscherin)
Das Live-Panel formuliert sich an einem praxeologischen Wendepunkt. Die Verschmelzung von bildender und darstellender Kunst im Namen der Performance hat die institutionellen Infrastrukturen, die Produktionsweisen und ihr Publikum erfasst. Ihre Liveness hat sich von den Rändern her ausgebreitet und provoziert weiterhin die Aufnahme von Performance in kuratierte Rahmenbedingungen. Die Erfahrung von Museums- und Ausstellungsräumen oder sogar ortsspezifischen Situationen durch Performance befragt dabei die Wege und mögliche Veränderbarkeit institutioneller Dynamiken.
In unserer vernetzten Gegenwart erforscht das Panel, wie Kurator:innen performative Aktionsräume für intersektionale soziale Verantwortung und vielfältige Sprecher:innenpositionen schaffen können. Die Diskussion bringt dazu Positionen unterschiedlicher professioneller Hintergründe und Praktiken zusammen, die sowohl im Kontext von White Cube, als auch Black Box arbeiten und ihre Erfahrungen im Kuratieren und Programmieren von Performance in Beziehung setzen.
13:00–14:30
Lunch M32 im Museum der Moderne
Im Anschluss Performance von Esben Weile Kjær (Programm Museum der Moderne )
14:30–15:30
Vermittlung kuratieren
Mit: Jürgen Tabor, Anna-Sophie Ofner und Tina Teufel (Kurator:innen, Museum der Moderne)
Moderiert von: Andrea Popelka (AAC & Kunsthalle Wien)
In German language.
In einer Zeit, in der sich Museen nicht nur als wissensbewahrende, sondern auch als dynamische Orte des Austauschs und der Bildung verstehen, stellt die gleichberechtigte Integration von Vermittlungs- und kuratorischen Agenden eine zentrale Aufgabe dar. Die Kunstvermittlung bildet bereits seit der Eröffnung des Hauses als Moderne Galerie und Graphische Sammlung – Rupertinum im Jahr 1983 einen festen Bestandteil des Museum der Moderne Salzburg. Das Museum übernahm mit der institutionellen Etablierung der ersten, damals als Museumspädagogin bezeichneten, fix angestellten Kunstvermittlerin Österreichs eine Vorreiterrolle. Vielfältige Möglichkeiten des Zugangs zu moderner und zeitgenössischer Kunst stehen im Fokus der vernetzten Vermittlungsarbeit und des Vermittelns als kuratorischer Praxis, die in zahlreichen Begleitprogrammen, Projekten, Kooperationen oder medialen Angeboten vor Ort sowie im Outreach umgesetzt werden. Dabei begegnen sich Vermittlung und Kuration in kritischen und transformativen Prozessen der institutionellen Selbstbefragung, des Ver- und Neulernens, im Umgang mit Wissen und Macht sowie den eigenen Haltungen und Leerstellen.
Das Panel stellt das Museum und dessen Ausstellungen als gesellschaftlichen Raum in den Fokus. Es widmet sich der Frage, wie sich das Museum verändert, wenn die Agenden der Vermittlung und des Kuratorischen gleichwertig Raum greifen und wie eine zunehmend besucher:innenorientierte Vermittlung die Praxis beeinflusst hat. Besprochen werden Best Practice Beispiele zu aktuellen Themen wie Dekolonisierung, Aktivismus (als künstlerische Praxis) und Diversität. Es werden Strategien und Angebote diskutiert, mit denen Kurator:innen und Kunstvermittler:innen die traditionellen Trennlinien ihrer Abteilungen hinterfragen und aufbrechen und sich Aktions- und Möglichkeitsräume für ein partizipatives Miteinander und Vielstimmigkeit öffnen und welche Rolle dabei strukturelle Bedingungen – von Anstellungsverhältnissen bis hin zu Entlohnung und dem traditionellen Machtgefälle – spielen, um eine wirklich integrative Museumsarbeit zu fördern.
15:30–17:00
Collecting, Decollecting, Recollecting
Mit: Alfred Weidinger (CEO, Oberösterreichische Landes-Kultur GmbH), Lolita Jablonskienė (Chef-Kuratorin, Nationalgalerie Vilnius), Harald Krejci (Direktor, Museum der Moderne)
Moderiert von: Mirela Baciak (AAC & Salzburger Kunstverein)
Während wir uns durch eine Ära schneller kultureller Veränderungen bewegen, wie sollen Institutionen den Erwerb neuer Werke angehen? Welche Strategien können implementiert werden, um Sammlungen neu zu überdenken, die möglicherweise nicht mehr mit zeitgenössischen Werten oder Narrativen übereinstimmen?
Diese Podiumsdiskussion wird sich mit den sich entwickelnden Praktiken des Sammelns, Wieder-Sammelns und Ent-Sammelns in Museen beschäftigen, mit einem besonderen Fokus auf die Neubewertung des Kanons, Nachhaltigkeit im Sammlungsmanagement und die Rolle der Zusammenarbeit in der Museumslandschaft.
Da Museen weiterhin als Hüter des kulturellen Erbes dienen, bleibt die Frage, was den Kanon ausmacht, zentral. Wie überdenken Museen heute ihre Sammlungsstrategien, um die traditionellen Kanons herauszufordern und zu erweitern? Welche neuen Kriterien werden verwendet, um eine inklusivere und vielfältigere Repräsentation innerhalb ihrer Sammlungen zu gewährleisten?
Neben dem Überdenken des Kanons stehen Museen vor erheblichen Herausforderungen in Bezug auf die Nachhaltigkeit ihrer Sammlungen. Mit dem Wachstum der Sammlungen werden Fragen der Lagerung, Erhaltung und Ausstellung zunehmend komplex. Wie balancieren Institutionen die Notwendigkeit, eine Vielzahl von Artefakten zu bewahren und zu erhalten, mit den praktischen Einschränkungen des physischen Raums und der finanziellen Ressourcen? Das Konzept des „Ent-Sammelns“ tritt in diesem Kontext als wichtige Praxis hervor. Wir werden die verschiedenen Faktoren diskutieren, die Entscheidungen zum Ent-Sammeln beeinflussen, einschließlich ethischer Überlegungen, der Auswirkungen auf historische Narrative und der Praktikabilität des Managements einer nachhaltigen Sammlung.
Dieses Panel bringt Museumsfachleute und Experten zusammen, um diese dringenden Fragen zu erörtern und Einblicke in die strategischen, ethischen und operativen Herausforderungen moderner Sammelpraktiken zu bieten.
19:30
Vorschlag, Grundriss, Installation, Eröffnung
Performance-Dinner im Salzburger Kunstverein
Von Tomek Pawłowski-Jarmołajew
Sonntag, 28.07, 2024
Workshops im Salzburger Kunstverein
Hellbrunner Str. 3, 5020 Salzburg
11:00–13:00
Rethinking Institutions (Again)
Workshop mit: Rike Frank and Vanessa Joan Müller (European Kunsthalle)
Wie kuratorische Debatten der letzten zehn Jahre gezeigt haben, herrscht eine zunehmende Diskrepanz zwischen der Programmatik vieler Institutionen und deren „Instituting“. Wir sind an einem Austausch über Modelle interessiert, die sich dieser Problematik annehmen. Dieser Workshop geht von der Praxis der European Kunsthalle als einer Institution aus, die auf der Idee der Kunsthalle als kontingenter institutioneller Typologie basiert – situativ, temporär und offen, ohne sich an einem definierten Ort zu manifestieren. In ihrer spezifischen Form als Institution ohne eigenen physischen Ort ist die European Kunsthalle stets mit anderen verbunden und findet in unterschiedlichen Figurationen statt.
Anmeldung wird erbeten bis 19. Juli 2024: europeankunsthalle@gmail.com
Lunch
14:00–16:00
Migratorische Ästhetik und Gegenöffentlichkeiten
Workshop mit: Elisa R. Linn (Künstlerische Leitung, Halle für Kunst Lüneburg)
Moderiert von: Andrea Popelka (Kuratorin, Kunsthalle Wien & AAC)
Der Workshop befasst sich mit ästhetischen Praktiken in Relation zu Gegenöffentlichkeiten und Räumen der Repräsentation. Er bewegt sich zwischen kritischer und kuratorischer Theorie und dem Ausstellungsmachen. Indem er Ausstellungen ortsspezifisch, nicht statisch und außerhalb des White Cube im alltäglichen öffentlichen Raum denkt, werden Schwellenräume von Repräsentationsparadigmen und räumlichen Hierarchien untersucht.
Der Workshop stützt sich auf Linns theoretische, künstlerische und kuratorische Forschung über marginalisierte Ästhetiken von Queer-, Punk- und Gast-/Vertragsarbeiter:innen-Gemeinschaften auf beiden Seiten der Berliner Mauer während der AIDS-Krise und inmitten des Kalten Krieges. Diese Recherche widmet sich ästhetischen Praktiken und ihrer Präsentation im und außerhalb des öffentlichen Raums und wie diese Architekturen staatlicher Repräsentation und institutioneller Subjektivierung entgegen der kategorisierenden Logik von Identität herausforderten.
Durch die Beschäftigung mit verschiedenen Archivmaterialien aus Linns Forschung werden die Workshop-Teilnehmer:innen nachzeichnen, wie Körper von einer Identität, einem Geschlecht und einem Ort zum anderen migrieren. Im Gegensatz zu einem ethno-nationalistischen Verständnis von Migration wird die Grenze hier als diasporischer Ort der Artikulation betrachtet, in dem theoretisch-ästhetische Perspektiven herangezogen werden, die mit der hegemonialen Rede über Migration als Ausnahmezustand, Entfremdung oder Bedrohung brechen. Stattdessen wird die Frage erörtert, inwieweit die Grenze und ihre Liminalität rekontextualisiert, demobilisiert und (wieder) angeeignet werden können – jenseits von territorialem, kategorialem oder essentialistischem Denken, um den Rahmen des modernen Nationalstaates zu überschreiten.
16:00–18:00
Kuratorische Praktiken und radikale Allianzen: Gemeinwesen hin zu transnationaler Solidarität
Workshop mit: Théo-Mario Coppola (Kurator und Kunstschriftsteller)
In einem Kontext von weitverbreitetem Ausschluss und Gewalt bietet der Begriff des Gemeinwesens die Möglichkeit, ästhetische und soziale Verbindungen jenseits vorgegebener, auferlegter oder umstrittener Grenzen zu schaffen und kann zu größerer Solidarität innerhalb der Kunstwelt und zeitgenössischen Gesellschaften führen. Indem er die Prinzipien des Gemeinwesens anwendet, versucht der Kurator und Kunstschriftsteller Théo-Mario Coppola, fortschrittliches Wissen und Werte zu bündeln und zu verknüpfen, um vielfältige kuratorische Praktiken und deren radikale Allianzen zu diskutieren und zu fördern.
Bitte registrieren Sie sich unter office@curators.at und geben Sie an, an welchen Teilen des Programms Sie teilnehmen möchten.